ERFAHRUNGSBERICHTE

Erfahrungsberichte

Sabrina & Andreas, 32 und 34 Jahre

Und plötzlich war alles anders....

Unser Vater, ein sportlicher, dynamischer Mann mitten im Leben stehend, bekam am 19. April 2012 infolge eines Autounfalles die Diagnose Hirntumor. Nach der Operation anfangs Mai stand dann auch fest, wir haben es mit einem Glioblastom und somit mit einem bösartigen primären Hirntumor zu tun.

Für unsere Familie war dies ein Schock und traf uns mitten in der sonst so heilen Welt. Zusammen standen wir unserem Vater bei und begleiteten ihn jeden Tag. Leider war unser Vater chancenlos gegen den Krebs, dennoch konnten wir ihm ein Leben in Würde und einen Abschied mit viel Dankbarkeit und ohne Schmerzen gewähren. Seine Geschichte sei hier in Kürze erzählt.

 

Nach der gelungenen Operation folgte eine Rehabilitation in der Reha Bad Zurzach. Leider erlitt unser Vater einen epileptischen Anfall und dazu noch eine Meningitis (Hirnhautentzündung). Die Zeit im Krankenhaus wurde durch diese Komplikationen auf einige Wochen verlängert und die medikamentöse Therapie gegen den Krebs vertagt. Vater verbrachte nach dem epileptischen Anfall noch einige Tage auf der Intensivstation und fiel für 4 Tage in ein Koma. Als er erwachte, stellten wir unmittelbar fest, dass eine Hälfte seines Gesichtes erschlaffte und die Diagnose "Schlaganfall" kam dazu.

 

Es folgte eine Rehabilitation infolge des Schlaganfalles und diese konnte er in der hervorragenden Klinik Zihlschlacht, welche für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen weit bekannt ist, verbringen. In diesem Monat machte er grosse Fortschritte und fand seinen Rhythmus zurück ins Leben. Dennoch war nichts mehr wie es war. Vater war oft müde und konnte nicht immer seine Erinnerungen zurückholen oder aber auch körperliche Defizite wett machen. Dazu kommt, dass er bei der Operation, durch die Entfernung des Tumors, die Sicht aus dem linken Gesichtsfeld verlor (dies wurde uns jedoch vor der OP mitgeteilt).

 

Während er sich in der Klinik Zihlschlacht erholte - war der Zeitdruck wohl unser grösstes Problem. Denn während der Zeit in der Klinik konnten die Neuroonkologen keine Chemotherapie und keine Strahlentherapie durchführen, welche jedoch wichtig war, um das weitere Wachstum des Tumors zu verlangsamen oder wenn immer möglich zu verhindern. Im Juni 2012 sind wir darum frühzeitig aus der Reha ausgestiegen und zurück in das Universitätsspital Zürich zur Behandlung des Tumors gegangen. Prof. Dr. med. Michael Weller hat unseren Vater optimal behandelt und wir verdanken diesem Mann, dass unser Vater bis zum Schluss Zuhause leben konnte und wir eine schöne Zeit des Abschieds erleben durften, nämlich mit unserem Vater, welcher uns immer wieder erkannte und bis zum Schluss alles alleine machen wollte, wenn immer möglich. Die Strahlentherapie begann nach Anpassung der Maske und so hatte er 10 Sitzungen trotz der immer noch aktiven Meningitis, der Tumor war jedoch schon zurück (im MRI klar ersichtlich) und so wurde keine Zeit verloren die Bestrahlung anzufangen. Wir hatten Glück, ausser leicht rötlichen Stellen (zu vergleichen mit einem Sonnenbrand) litt unser Vater nicht unter Nebenwirkungen der Bestrahlung. Er verlor zwar seine schönen Haare, dies war ihm dann jedoch schon nicht mehr relevant, er wollte nur eines - Leben und kämpfen dafür!

 

Nach der Bestrahlung erfolgte ein Aufenthalt in der Susenbergklinik, welche er im August Richtung nach Hause verlassen konnte. Er führte die nächsten Monate ein Leben Zuhause und unsere Familie kümmerte sich jeden Tag um ihn. Klar, er war nicht mehr arbeitsfähig, er konnte auch kein Sport mehr ausüben, doch die Lust am Leben ist ihm geblieben. Er hatte Haustherapien für die Neuropsychologie, bekam Besuch vom Fitnessinstruktor, und sein Essen wurde ihm ebenfalls nach Hause geliefert. Das Essen stellte er aber rasch ab und verpflegte sich dann von Restaurant zu Restaurant. Er besuchte die Kirche, ging einkaufen, und bereits die Körperhygiene kostete im etwas reduzierten Zustand eine beachtliche Zeit. Vater war jedoch glücklich, denn er durfte Zuhause bleiben.

Seine Einschränkungen wurden jeden Tag stärker, einmal verschwand ihm das Augenlicht, und er geriet in Panik, ein anderes Mal verirrte er sich in der Stadt Zürich. und beim dritten Mal kannte er die Namen der Kollegen nicht mehr.

 

Wir genossen es, wie Vater gerne Essen ging und sich mit uns über Gott und die Welt unterhielt. Wir staunten über seinen Kampfgeist, und wir waren erfreut ihn viel Lachen und nie Weinen zu sehen. Dennoch kam der September 2012, wo man zunehmend feststellte, dass seine Hirnleistungen in allen Bereichen abgenommen hat. Ebenfalls war sein körperlicher Zustand beängstigend. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. So haben wir in der ordentlich Konsultation mit dem Prof. diese Erkentnisse geteilt und Vater wurde wieder stationär aufgenommen. Die Meningitis hatte bei Vater einen Abszess im Hirn gebildet, dieser verhielt sich gleich wie der Tumor, er drückte Vater auf das Nervensystem und die Funktionen im Hirn liefen nicht mehr einwandfrei ab. So folgte eine operative Entfernung des Abszesses und ebenfalls ein anschliessendes MRI. Zu dieser Zeit war die Tumorgrösse gering (beim Glioblastom immer vorhandener Resttumor), und wir merkten die OP verbesserte seinen Zustand enorm. So waren die Monate September und Oktober aber auch November eine schöne Zeit und er hatte nochmals eine Reise nach Wien unternehmen können und ebenfalls nach Colmar. Klar, er wurde von einer guten Freundin begleitet und brauchte diese Hilfestellung auch, obschon er dies immer "Gentlemen's like" ablehnte. Er freute sich des Lebens und kämpfte weiter.

 

Ende November kamen zunehmend Schwierigkeiten beim Laufen und er musste wieder in den Notfall. Da wurde ein MRI gemacht und sofort wurde festgestellt, dass der Tumor grösser wurde und sich etwas im Hirn verteilte. Wir entschieden uns nach langer Überlegung die Therapie mit dem Präparat Avastin anzugehen. Er bekam die erste Avastin-Behandlung im Dezember und es ist wirklich wahr, konnte er vor der Therapie kaum Gehen, schritt er nach der Therapie mit Galopp aus der Klinik aus. Wir waren alle so froh, doch leider merkten wir schnell: das Avastin hilft in seinem Falle der körperlichen Regenerierung, jedoch holte es seine Hirnleistung nicht zurück. Als Beispiel, er konnte zwar laufen und einkaufen gehen, nur wusste er sobald im Shop, nicht mehr, was er brauchte. Nach der zweiten Avastin-Therapie im Januar 2013 war dann auch Schluss. Wir entschieden uns, die Therapie nicht fortzuführen und wussten ab jetzt müssen wir die Tage mit unserem Vater zählen. Prof. Weller gab uns ein Zeitfenster von 2-4 Monaten bis zu seinem Tod. Dies war eine grässliche Vorstellung für uns und wir wollten es nicht glauben. Dennoch fingen wir an Abschied von Vater zu nehmen. Wir aber auch er wollten nicht, dass er in einem Krankenhaus seine letzten Tage verbringen sollte. So haben wir eine Betreuerin für Zuhause gesucht und rasch über "Home Instead" gefunden. Die Miriam hat unseren Vater im 24 h Rhythmus betreut und er fühlte sich super dabei. Sie fuhr ihn aus und machte was immer er aus dem Tag machen wollte, doch vor allem verfiel er dem Schlaf. Wir als Familie mussten uns nicht mehr täglich um ihn fürchten und wussten er ist in guten Händen. Ende Februar schleppte er sich zu uns ins Geschäft, Vater war unser Arbeitgeber, und wir merkten sofort, dass nun der Punkt gekommen ist, wo er Schmerzen hat und nicht mehr alleine sein will und in die ärztliche Aufsicht gehört. So kam es, dass wir am 29. Februar 2014 ein Zimmer vorreservieren liessen und ihn in das Universitätsspital Zürich zu Prof. Weller brachten. Vater hatte mit Schmerzen und viel Wasser in den Beinen zu kämpfen. Wir wollten die Medikamente neu einstellen lassen. Er wehrte sich nicht gegen das Krankenhaus, man merkte, er hatte Angst Zuhause und war froh, wird ihm gegen die Schmerzen geholfen. Leider half nur noch Morphin.

 

Wir waren alle Tage bei ihm, am ersten März 2013 war ich (Sabrina) mit meinen Kindern (seinen Enkelkindern) beim ihm und wir verabschiedeten uns von ihm. Er war fast ganztätig am Schlafen aufgrund des Tumors, Wassers aber auch wegen des Morphins. Am selben Abend rief ich ihn nochmals an und er sagte mir "Sabrina, hast du das Gefühl mein Leben ist so noch lebenswert? Ich kann und mag nicht mehr". Seine Stimme verstummte und es sollten die letzten Worte sein, welche ich von ihm vernahm. Er fiel in einen Schlaf und wachte nicht mehr auf. Alle Familienmitglieder wachten abwechselnd an seinem Bett und am Samstag, 9. März 2013 (sprich 11 Monate nach der Diagnose) ist er früh morgens für immer eingeschlafen.

 

Wir vermissen unseren Vater, aber wir sind so stolz auf ihn. Er kämpfte sich ohne grossen Emotionen und ganz still und leise durch die Krankheit, er lebte sein Leben weiter und liess sich durch Nebenerscheinungen oder Menschen, welche ihm den Rücken kehrten, nicht irritieren und wir kämpfen nun seinen Kampf weiter und möchten anderen Betroffenen helfen - daher haben wir zusammen mit Prof. Weller diese Stiftung gegründet.


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Die Schweizer Hirntumor Stiftung / Swiss Brain Tumor Foundation mit Sitz in Zürich in der Schweiz bezweckt zum einen eine Unterstützung der Hirntumorforschung und der Hirntumorbehandlung und zum anderen Unterstützungsdienstleistungen und Hilfestellung für Hirntumorpatienten und deren Angehörige. Dafür werden verschiedene Forschungsprojekte finanziert und unterstützt. Die Schweizer Hirntumor Stiftung ist Ihr Ansprechpartner für Informationen rund um das Thema Krebs und Hirntumor im Speziellen, für Hilfe im Umgang mit der Diagnose z.B. bei gutartigen oder bösartigen primären oder sekundären Tumoren und damit verbundenen Fragen. Welche Möglichkeiten der Operation gibt es? Wie gehe ich mit dem unerwarteten Abschied um? Wo finde ich Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und deren Erfahrungsberichte? Sie finden auf unseren Seiten wissenschaftliche Abrisse zu primären und sekundären Hirntumoren, deren Definition, Ursachen, Diagnose, Symptome, Therapie, Verlauf, Prognose und weiterführende Informationen. So informieren wir über Hirnmetastasen und Meningeosis Neoplastica, über Meningeome, Vestibularisschwannome und Gliome wie Astrozytome, Anaplastische Astrozytome, Anaplastische Oligodendrogliome, Glioblastome, Gliomatosis cerebri, Ependymome und Lymphome. Die Schweizer Hirntumor Stiftung / Swiss Brain Tumor Foundation in Zürich in der Schweiz möchte Sie unterstützen und Ihnen eine Hilfe sein.